frau im wald klima resilienz
Print Friendly, PDF & Email

Gastbeitrag von Nadja Hirsch

Überschwemmungen, Hitze und Dürre – diese Bilder sehen wir täglich im Fernsehen, im Internet oder in den Printmedien. Manchmal wirst du direkt ein Unwohlsein bemerken, aber viel öfter verhaften sich diese Eindrücke in unserem Gedächtnis, ohne dass wir uns mit ihnen in dem aktuellen Moment auseinandersetzen.

Der Klimawandel verändert heute schon unsere Umwelt, und das nehmen wir wahr. Oft sind es nur kurze Momente, die wir eher unbewusst aufnehmen. Doch diese Eindrücke sammeln sich über die Zeit hinweg an und können dann sogenannte Klima-Emotionen bei dir auslösen. Klima-Emotionen können sehr vielfältig sein: Angst, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Schuld, aber auch Ärger und Wut.

 

Kinder und Klimagefühle sind eine besondere Herausforderung

Eine Herausforderung für Erwachsene, aber erst recht für Kinder und Jugendliche, die oft noch nicht gelernt haben, ihre Emotionen in Worte zu fassen und daher schlechter darüber reden können. Wenn sich diese verwirrenden und belastenden Gefühle anstauen, können sich dadurch Ängste und Verstimmungen zeigen. Kinder reagieren dann unterschiedlich: gereizt, ängstlich oder mit psychosomatischen Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen.

Nicht selten kommt es aber dazu, dass die Gefühle „übersprungen“ werden und sofort der Wunsch nach einer Verhaltensänderung geäußert wird. Zum Beispiel wird das Essen von Fleisch abgelehnt oder es kommt zu Diskussionen, wenn der Urlaub eine Flugreise sein soll. Hier ist es am wichtigsten, dass du die Gefühle und Bedenken ernst nimmst und dann versuchst zu verstehen, woher diese Klimagefühle kommen.

Akute und posttraumatische Belastungsstörungen

Sicherlich kannst du dich noch an die verheerenden Überschwemmungen von 2021 in Deutschland erinnern. Menschen haben dort erlebt, wie nahe Angehörige und das eigene Hab und Gut innerhalb weniger Minuten und Stunden vernichtet wurden. Dies sind Erlebnisse, die eine akute oder auch posttraumatische Belastungsstörung auslösen können.

 

„Das betrifft mich nicht” – Psychologische Distanz

Vielleicht denkst du, dass das einige wenige extreme Naturkatastrophen waren, die dich so nie erwischen werden, oder aber, dass du ein bisschen Hitze im Sommer ganz gut wegstecken wirst. Tatsächlich kann ich dir nicht sagen, ob du dich mit einer belastenden Situation in der Zukunft auseinandersetzen musst.

Ich wünsche dir, dass es möglichst wenige sein werden, und zugleich sprechen die Prognosen dagegen. Das Trügerische bei diesem Denken ist es, dass du dich in scheinbarer Sicherheit wiegst. Dieses Phänomen nennt sich psychologische Distanz. Alles, was sich räumlich, sozial oder zeitlich weit entfernt anfühlt, erhält wenig Aufmerksamkeit und trifft uns dann umso stärker, wenn wir damit konfrontiert werden.

Stell dir vor, du lebst in einer Stadt, und bist gerade Mutter oder Vater geworden. Es wird Sommer und es hat über mehrere Wochen hinweg 35° oder mehr Grad. Kleine Kinder können sich mit Hitze sehr schwertun, was das Wohlbefinden deines Kindes massiv beeinflusst und damit zu einem massiven Stressfaktor in einer jungen Familie wird.

Oder stelle dir vor, du bist schon etwas älter und deine eigenen Eltern wiederum gehören zur Altersgruppe 75+. Du hast jeden Tag Sorge um sie, dass sich die Hitze auf ihre Gesundheit auswirkt. Deshalb bleiben sie tagsüber im Sommer zu Hause, was sich wiederum sehr schlecht auf ihre psychische Gesundheit auswirkt. Du merkst, dass es deinen Eltern mental stark zusetzt und du möchtest sie unterstützen, mit dieser Situation umzugehen.

 

Die Auswirkungen des Klimawandels werden dich mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder direkt oder indirekt über dein soziales Umfeld betreffen. Grundsätzlich können wir davon ausgehen, dass der Klimawandel unser Leben zukünftig immer noch mehr beeinflussen wird. Um mit diesen Veränderungen so gut wie möglich umzugehen, ist es hilfreich, langfristig unsere eigene psychische Klima-Resilienz aufzubauen und zu stärken.

Klima-Resilienz hilft dir dabei

  • Deine eigenen Klima-Emotionen zu erkennen und zu verstehen,
  • Einen konstruktiven Umgang mit deinen Sorgen, Ängsten und deiner Unruhe zu lernen,
  • Zukünftige Veränderungen vorherzusehen und dich darauf vorzubereiten,
  • Auf dich und deine Liebsten zu achten,
  • Besser mit Unsicherheiten umzugehen,
  • Sinnvolle Maßnahmen in die Wege zu leiten, um dich vor einem Klima-Burnout zu schützen und
  • Deine mentale Gesundheit trotz Klimawandel zu bewahren.

 

Der richtige Umgang mit deinen Klima-Emotionen

  1. Achtsamkeit ist der erste Schritt, der dir dabei hilft, deine Emotionen wahrzunehmen. Sei dir bewusst, dass die erschreckenden Bilder von Unwetter und Artensterben einen Einfluss auf dich haben. Da dein Körper deine Emotionen spiegelt, hilft eine gute Körperwahrnehmung sehr dabei, die eigenen Gefühle zu erkennen. Ebenso wichtig ist es, dann zwischen den unterschiedlichen Emotionen unterscheiden zu können und entsprechend auf sie zu reagieren. Verschiedene Techniken helfen dir dabei, deine Emotionen zu regulieren, sodass du ihnen nicht ausgeliefert bist.
  2. Akzeptanz und Aktion: Jeder Mensch hat nur begrenzt Energie und Ressourcen zur Verfügung. Gehen wir auf Dauer über unsere Grenzen, führt das zu einem Klima-Burnout. Gerade das Thema Klimawandel hat eine eigene Dynamik, die ein hohes Gefährdungspotential inne hat. Deshalb ist es extrem hilfreich, wenn du für dich den Unterschied zwischen den zwei grundlegenden Handlungsoptionen verstehst und leben kannst. Die Herausforderung ist es zu verstehen, wann es Sinn macht, eine Situation zu akzeptieren, weil du sie gerade in diesem Moment nicht verändern kannst. Andererseits gibt es Umstände, die erfordern von dir, dass du aktiv wirst und Veränderungen die Wege leiten kannst. Diese Unterscheidung hilft dir enorm dabei, deine Energie für dich, dein Projekt und/ oder den Klimaschutz gezielt einzusetzen.
  3. Verantwortung und Schuld: Eine echte Herausforderung kann es aber auch sein, wenn du selbst etwas aktiv für den Klimaschutz tun möchte und immer wieder an die eigenen Grenzen stößt. Sei hier nicht zu hart zu dir selbst. Es ist nicht immer leicht, nachhaltig zu leben. Tu dein Bestes und mach dir selbst keine Vorwürfe. Denn dadurch änderst du nicht, außer, dass du dein Selbstvertrauen sabotierst.

 

Fazit

Du siehst, dass die Herausforderungen, die durch den Klimawandel auf uns zukommen, teilweise jetzt schon zu unserer tagtäglichen mentalen Last beitragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Auswirkungen wie Hitze den Alltag von uns und unseren Liebsten beeinflussen wird, ist sehr hoch.

Doch müssen wir uns nicht dem Schicksal ergeben, sondern können aktiv werden. Wir können uns gegen den Klimawandel einsetzen und zugleich dafür sorgen, dass wir bestmöglich mit schwierigen und stressigen Situationen umgehen werden. Dafür kannst du deine eigene Klima-Resilienz überprüfen und sie dann gezielt ausbauen. Auf jeden Fall solltest du jetzt schon damit beginnen, auf deine mentale Gesundheit zu achten und dann mittelfristig deine Klima-Resilienz Schritt für Schritt aufzubauen.

 


 

nadja hirsch

Auf Instagram findest du viele hilfreiche Tipps und Erklärungen rund um das Thema Klimapsychologie.

Nadja Hirsch ist Diplompsychologin mit dem Schwerpunkt Klimapsychologie. Im Institut für Klimapsychologie betrachten ihr Team und sie die Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit und beraten Politik und Wirtschaft dabei, entsprechende Anpassungsmaßnahmen für die Menschen aufzubauen.

In ihren Gruppen Coaching Programm “Klima Resilienz: Mental stark im Klimawandel“ unterstützt sie dich dabei, in vier Wochen eine Strategie im Umgang mit den mentalen Herausforderungen des Klimawandels aufzubauen und schrittweise umzusetzen.

 

Teile diesen Beitrag mit anderen