Kloster Steyl Auszeit
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Die größten Ereignisse sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.

Friedrich Wilhelm Nietzsche

Was passiert, wenn ich stehen bleibe? Dieser Gedanke kommt mir heute Morgen beim Aufwachen. Wieso habe ich überhaupt das Gefühl immer weiter gehen zu müssen? Was treibt mich an? Vielleicht finde ich das heraus, wenn ich ins Kloster gehe.

Ja genau, richtig gelesen: Ich gehe ins Kloster. Diese Tatsache war in den letzten Wochen der Running-Gag zwischen mir und meinen Freunden oder besser gesagt, haben sie sich nett darüber amüsiert. Ich mache dort ein kleines Retreat. Das ist in unserer heutigen, schnelllebigen Zeit modern geworden. Und ich hoffe dort auf die eine oder andere Erkenntnis. Am liebsten DIE Einsicht oder Weisheit, die mir erscheint und mich weiter bringt. Aha, schon wieder weiter, immer weiter.

Es muss immer weiter gehen.

Eine Stimme in mir sagt: Bleib stehen! “Und dann?”, denke ich mir. Ist es das, was ich nicht aushalten kann? Die Ungewissheit, was danach folgt? Ich habe mal gelesen, dass nur in einem leeren Raum etwas Neues entstehen kann. Innerlich und äußerlich wird dieses Gesetz vermutlich für Vieles gelten. Wie schafft man das? Hört sich nicht einfach an.

Ach Mist, immer diese blöden Glaubenssätze. Es wird alles ganz einfach sein. Puh, nochmal schnell die Kurve bekommen. Ich habe mir vorgenommen mich umgehend zu korrigieren, wenn ich merke, dass ich in einen alten Gedanken verfalle.

Kloster, ich komme!

Ich schweife ab. Immerhin ist meine innere Unruhe nicht mehr so immens groß wie noch vor 2 Tagen als meine berufliche Auszeit begann. Sogar mein Schlaf ist schon besser geworden. Aber verarbeitet habe ich es noch lange nicht, dass ich jetzt erstmal frei bin.

Und dann immer diese Stimme, die mir sagt: Mach was Sinnvolles. Nutze die Zeit. Das macht mir ordentlich Druck und gefällt mir gar nicht. Deshalb lautet meine Mission nun: Innehalten. Hat da jemand Erfahrung mit? Ich fühle mich überfordert und hoffe im Kloster Steyl Antworten zu finden.

Es geht also los. Bereits beim Parken und Aussteigen aus dem Auto spüre ich eine unbekannte und trotzdem seltsam vertraute Energie. Es ist ein friedlicher Ort. Da ich zu früh dort bin, zieht es mich automatisch zum angrenzenden Fluss. Ich kenne den Weg, obwohl ich noch nie dort war. Es ist als würde mich eine unsichtbare Hand führen.

An dem Ort ist es wahnsinnig ruhig und Magie liegt in der Luft. So bleibt es auch die restlichen Tage über. Eine Stimme in mir sagt: Hier kannst du ganz du selbst sein. Es gibt nichts zu tun. Und normalerweise macht mich das nervös, aber nicht hier und jetzt. Ich fühle mich geborgen und beschützt.

Ein magischer Ort

Eine innere Unruhe entsteht lediglich, als ich den anderen Teilnehmerinnen begegne. Ich bin ihnen fremd und das macht mich nervös. Werden Sie mich mögen? Werde ich Anschluss finden? Und nur kurze Zeit später kann ich beides mit einem deutlichen JA beantworten. Ich fühle mich direkt zugehörig und gehe in meiner gewohnten Art offen auf die anderen zu. Es lohnt sich. Die Gespräche sind ehrlich, inspirierend und herzlich. Es gibt keine Hemmungen. Wir zeigen uns so wie wir sind. Als hätten wir keine Wahl an diesem Ort. Es fühlt sich wunderbar frei und echt an.

Wir treffen in unserem Kursraum zusammen, in dem wir die kommenden Tage gemeinsam arbeiten werden. Zunächst gibt es eine offizielle Vorstellungsrunde. Spannend erwarte ich das anstehende Feedback der anderen. Wir dürfen zu jedem einen kurzen ersten Eindruck schildern und äußern, was uns an der Person gefällt.

Interessant, dass man in kürzester Zeit eine derartige Bewertung oder Einschätzung vornehmen kann. Das liegt wohl in unserer Natur. Wir konzentrieren uns auf eine möglichst positive Eigenschaft und ich kann mir keinen besseren Einstieg wünschen. Ich wirke auf die anderen lebendig, quirlig, lustig, fast schon unterhaltsam, aber auch kritisch mit mir selbst. Ich stimme zu.

Im Hier und Jetzt ankommen

Am konstruktivsten finde ich Claudias Feedback – sie leitet uns durch die Tage. Sie meint, ich wäre zu sehr in der Zukunft unterwegs und zu wenig im Hier und Jetzt. Und da wären wir schon beim Kern angelangt. Das ist die Herausforderung, mit der ich aktuell umgehe. Dass es mir nicht gelingt in jenem Moment anzukommen, sondern unaufhörlich Pläne schmiede.

Mir fehlt außerdem der Fokus. Ich habe viele Dinge, die mich gleichzeitig beschäftigen. Mein Kopf ist stets gut gefüllt mit Ideen. Ich vermute, daher kommt meine Unruhe. Dass ich nicht loslassen kann, sondern allzeit meine Gedanken kreisen. Ich habe so viele Fragen im Kopf, dass ich selbst bei der Meditation nicht entscheiden kann, welche davon die Wichtigste ist. So erhalte ich sicher keine Antworten.

Zeit nehmen, Zeit geben

Ich schaffe es nicht zu genießen, dass ich offensichtlich eine Menge Zeit habe, worum mich viele beneiden. Damit soll nun Schluss sein. Ich stelle mir eine Aufgabe für die bevorstehenden Tage im Kloster Steyl: Den gegenwärtigen Moment wahrnehmen und leben. Einfach sein. Hört sich simpel an. Ich taste mich heran, in dem ich mir verschiedene Fragen stelle, denn alles hat seinen Ursprung, eine Quelle, sagt Claudia. Warum bin ich so sehr in der Zukunft? Ist es eine Flucht? Und wenn ja, wovor? Laufe ich vor etwas weg? Und wohin laufe ich eigentlich? Und die Antwort ist: Ich bin auf einer Reise ohne Ziel.

Zwei spannende Tage später …

Langsam fühle ich mich entschleunigt und meine Gedanken kommen zur Ruhe. Ich darf mir Zeit geben. Davon habe ich nun ausreichend. Eine liebe Freundin meinte, das Beste, was ich tun kann, um mich wohl zu fühlen, ist weiter den Beschäftigungen nachzugehen, die mich glücklich machen. Einfach leben, weniger nachdenken. Der Rest kommt von allein.

Deshalb beschäftige ich mich nun damit. Um mein Ziel klarer zu definieren. Was macht mich glücklich? In den vergangenen Klostertagen habe ich einige Dinge notiert. Daraus darf nun etwas entstehen. Ich nehme mir vor ein neues Visionboard zu gestalten. Damit kann ich meine Energien in eine bestimmte Richtung lenken. Mein altes ist längst abgelaufen, quasi überholt. Das meiste hat sich in der Tat bereits erfüllt. Jetzt wird es Zeit für ein Upgrade. Man verändert sich und somit auch seine Wünsche.

Loslassen, werden lassen

Im Kloster haben wir uns unsere Werte angeschaut und daraufhin Bedürfnisse abgeleitet. Nun schaue ich, wie ich diese Bedürfnisse stärker in mein Leben integrieren kann. Auch das packe ich visuell in das Board. Ich bin gespannt auf das Ergebnis. Es ist ein Prozess. Alles darf sich entwickeln und entstehen. Oft vergesse ich das. Ich versuche mich in Geduld zu üben.

Anderen sage ich gern, sie sollen Ihre Probleme oder Wünsche an das Universum übergeben und dann einfach loslassen. Aber ich selbst schaffe das nur schwerlich. Das kommt ganz nach oben und groß aufs Board: Loslassen, Vertrauen in das Universum. Wie sagte eine gute Freundin zu mir: „Nichts ist kontinuierlich, gleichmäßig, aufwärts strebend, sondern auch stillstehend, abwartend oder rückwärts gehend und trotzdem geht alles Schritt für Schritt voran.“ Was für eine wundervolle Umschreibung!

Nur weil wir nicht den Fortschritt oder die Entwicklung sehen, heißt es nicht, dass er nicht da ist oder es nicht bereits in uns arbeitet. Das stimmt mich ruhiger und ich merke, dass es mir Tag für Tag gelingt mehr loszulassen.

Auf Wiedersehen, Kloster Steyl

Mit dieser frischen Energie und positiven Gedanken starte ich in meine Auszeit. Ich verstehe, dass ich mir selbst ein großes Geschenk gemacht habe. Abgesehen von den anderen, großartigen Frauen, habe ich mich selbst besser kennengelernt. Und ich bin noch lange nicht fertig.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Claudia Herzog für die Durchführung und Organisation des Wochenendes. Und ebenfalls einen lieben Dank an Martina Mooren für die Bilder, die ich verwenden durfte.

Ab sofort möchte ich mir regelmäßig, mindestens einmal pro Jahr eine Auszeit in der Stille gönnen. Ob allein oder wieder zusammen mit anderen, das wird sich zeigen. Der richtige Moment wird kommen. Ich muss nur auf meine innere Stimme hören. 👼


Kloster Steyl Auszeit lebe kunterbunt

Das malerische Klosterdorf Steyl und die angrenzenden Gärten an der Maas in der Nähe von Venlo (NL) sind ein Besuch wert. Man findet hier eine Oase der Ruhe fernab von unserem hektischen Alltag.

Hier geht’s zur Website des Kloster Steyl.

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